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Ist das schon KI oder nur natürliche Weltfremdheit?

Ein Landschaftbau-Unternehmen muss einem langjährigen und wichtigen Auftraggeber zu einem neuen Angebot plötzlich eine höchst differenzierte Berechnung seines Stundenverrechnungssatzes vorlegen. Als Nachweis soll das Unternehmen eine Excel-Tabelle ausfüllen, die es in sich hat. Vermutlich geht es darum zu prüfen, ob das Mindestlohngesetz eingehalten wird.

 

Der Betrieb und auch der Steuerberater waren nicht in der Lage, die Tabelle ehrlich auszufüllen. Das Ganze erinnert an die allgemein als "Lügenblätter" bezeichneten "Einheitlichen Formblätter Preis" der Vergabehandbücher von Bund und Ländern.

 

Was also war gefordert?

Vorgelegt wurde eine Tabelle, in der ausgehend vom Grundlohn die weiteren Lohnkosten und Zuschlagssätze bis hin zum Stundenverrechnungssatz nachgewiesen werden sollten. Dafür standen 22 vorgegebene Abfragen und 12 Zusatzfelder zur Verfügung, in die jeweils der der prozentuale "Anteil" (Bruttolohn = 100%) einzutragen waren. Der zugehörige Euro- bzw. Cent-Betrag wurde dann für jeden Kostenbestandteil von der Tabelle errechnet. Und als Summe sollte sich der Stundenverrechnungssatz ergeben.

 

Aus Gründen des Urheberschutzes verzichte ich auf die Wiedergabe der Tabelle. Einige der geforderten Angaben kann ich aber durchaus zitieren:


Objektbezogene Lohnfolgekosten

  1. Einweisungslohn
  2. Schulungslohn
  3. Fahrtkostenzuschuss

Unternehmensbezogene Kosten

  1. Gehälter Aufsichtskräfte u. tech. Mitarbeiter inkl. Lohnfolgekosten
  2. Gehälter kaufmännische Angestellte inkl. Lohnfolgekosten
  3. Fuhrparkkosten
  4. Fertigungshilfskosten
  5. Sonstige Betriebskosten
  6. Sonstige Verwaltungskosten
  7. Sonstige Kosten
  8. Vorfinanzierungen

Sonstige Kosten (auftragsbezogen)

  1. Bekleidung/Ausrüstung
  2. AfA für Maschinen, Geräte, Betriebsk.
  3. Einweisung Inspektor, Kosten Qualitätssicherung
  4. Sonstige Gemeinkosten/Verwaltungskosten

Kurz und gut, der Steuerberater erreichte mich telefonisch auf der Autobahn bei einer Urlaubsfahrt, sah sich außerstande, die Daten zu liefern und wies auf die Dringlichkeit der Angelegenheit hin. Ob ich nicht kurzfristig einspringen könnte. So von heute auf morgen.

 

Mein anschließendes Telefonat mit dem Unternehmer war zunächst nicht hilfreich. Ich weigerte mich, die Tabelle auszufüllen und ein solches "Lügenblatt" zu liefern. Man kann nicht immer nur über die zunehmende Bürokratisierung klagen, um sich dem bei erster Gelegenheit zu unterwerfen.

 

Natürlich ließ ich den Unternehmer nicht im Stich. Ich hatte schon regelmäßig für ihn eine Plankostenrechnung angestellt. Die aktualisierten wir in kürzester Zeit und lieferten die stark komprimierten, aber ehrlichen Angaben, wie sie auch in den EFB-Blättern Preis 221 gefordert werden und wie Sie der öffentlichen Hand völlig genügen. Dazu ein kleines, freundliches Begleitschreiben, aus welchen Gründen wir von dem geforderten Format des Nachweises abweichen mussten.

 

Jetzt hoffe ich nur, dass der Betrieb auch den Zuschlag erhält und nicht wegen der Formverweigerung von der Vergabe ausgeschlossen wird.

 

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